Chronik

Chronik der
Sankt Sebastianus-Schützenbruderschaft Menden
Die Schützenbruderschaft St. Sebastianus Menden/Rheinland führt nach der Tradition ihre Gründung auf das Jahr 1642 zurück. Die Mitte des 17. Jahrhunderts war für den rheinischen Raum eine böse Zeit. Seit 1632 hatte ihn auch der Dreißigjährige Krieg erreicht. Schwedische, kaiserliche und hessische Truppen durchzogen das Herzogtum Berg und schlugen hier ihre Quartiere auf. Seit 1640 setzte dann auch für die Bevölkerung die schwerste Zeit ein, die erst 1651 enden sollte. Schwedische Truppen hatten Siegburg und die Festungen Blankenberg und Windeck besetzt und plünderten das ungeschützte flache Land. Sie wurden zwar von kaiserlichen Truppen vertrieben, aber auch diese Soldaten verhielten sich wie in Feindesland. Was man nicht freiwillig geben konnte oder wollte, holten sich diese mit Gewalt. Nicht allein Lebensmittel und Vieh, auch Wagen und Mobiliar wurde geraubt, selbst Häuser zur Beschaffung von Brennmaterial niedergerissen. Mit den Menschen ging man nicht weniger rücksichtsvoll um. Viele verhungerten und starben ohne den Empfang der Sakramente; Frauen und Kinder wurden misshandelt, Männer verschleppt und die Waffenfähigen zum Kriegsdienst in die Truppen gepresst. Die Akten belegen für das Frühjahr 1642 einen Angriff auf Bonn, der Truppenmassierungen in unserer engeren Heimat zur Folge hatte. Gewalt aber erzeugt Gegengewalt. Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm ließ die Landesschützen mustern, um den Dörfern einen gewissen Schutz gegen Plünderungen und Übergriffe zu geben. Hier liegt eine der Wurzeln der Mendener Schützenbruderschaft, die andere dürfte eine Wallfahrt zum Pestheiligen St. Sebastianus und zum Hl. Blut gewesen sein. Die Quellen darüber sind äußerst spärlich. Dies ist verständlich, da über diese Vorgänge in unseren Dörfern kaum schriftliche Aufzeichnungen gemacht wurden, und die wenigen bei den häufigen Brandschatzungen ein Opfer der Flammen wurden, wie dies für Menden mehrfach nachgewiesen ist. Spätere Zeiten - vor allem die friedlichen Jahre des 19. Jahrhunderts mit ihren anders gelagerten Problemen, vor allem den sozialen Spannungen - verschütteten diese Tradition und ließen sie in Vergessenheit geraten. Erst in neuerer Zeit erinnerte man sich ihrer.

Die Wiederbegründung der Mendener Schützenbruderschaft
In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg schossen allenthalben Schützengesellschaften wie Pilze aus dem Boden. In fast allen Orten der heutigen Stadt Sankt Augustin entstand eine solche Vereinigung, die meisten auf kirchlicher Basis, so in Buisdorf im Jahr 1927, in Niederpleis 1931 gleich zwei, davon eine als rein weltlicher Verein, und schließlich in Menden 1932.

Der langjährige Vorsitzende der Bruderschaft und dessen Wiederbegründer nach dem 2. Weltkrieg, Fritz Wessel, luden am 6. August 1932 zu einer Besprechung ein, um einen Verein zur Ausübung des Schießsports zu gründen. Zwanzig Interessenten waren erschienen und eine Woche später gründete man im Lokal des Gastwirts Fritz Haas in Obermenden - dem ehemaligen Mendener Hof - die "Schützenbruderschaft St. Hubertus".



Offensichtlich hatten sich in Niedermenden ebenfalls Interessenten für den Schießsport gefunden, die für den 21. August 1932 zu einer Gründungsversammlung in der Gastwirtschaft Lichtenberg am Ehrenmal eingeladen hatten.
Näheres ist über diese Gegenströmung nicht bekannt, die ihre Wurzeln wohl im Kameradschaftlichen Verein bzw. Krieger-Verein hatte und auf einen rein weltlichen Zusammenschluss hinzielte. Die Mitglieder der neugegründeten "St. Hubertus-Bruderschaft" beschlossen jedenfalls, diese Gründungsversammlung zu besuchen, um eine mögliche Konkurrenz auszuschalten. Vergeblich hat man versucht, die Interessenlage beider Vereinsbestrebungen auf einen Nenner zu bringen, denn das Ergebnis der Fusionsgespräche wurde auf der Mitgliederversammlung der "St. Hubertus-Schützenbruderschaft" am 20. November 1932 mehrheitlich abgelehnt und die inzwischen ausgearbeiteten Statuten einstimmig gutgeheißen. Einstimmig wurde folgender Vorstand gewählt:

1. Vorsitzender: Fritz Wessel
2. Vorsitzender: Peter Felsing
Oberst: Schulrektor Schwab
Geschäftsführer: Josef Dreesen
1. Kassierer: Stephan Forjas
2. Kassierer: Adolf Könsgen
Schießmeister: Karl Best
stv. Schießmeister: Oskar Ritter
Adjutant: Heinrich Fey

Auf Anregung des geistlichen Präses, Pfarrer Friedrich Hegel, änderte die Versammlung auch den Namen in "St. Sebastianus - Schützenbruderschaft". Die näheren Umstände der Gründung lassen den Schluss zu, dass sich unter Fritz Wessel eine kirchlich orientierte Bruderschaft mit Einbindung in das kirchliche Vereinsleben gebildet hatte. Die oben erwähnte konkurrierende Bestrebung, die offensichtlich einen rein weltlichen Verein für den Schießsport wollte, trat in den Protokollen der Bruderschaft nicht weiter mehr in Erscheinung. Nur einmal noch wird ein "Kleinkaliberschützenverein" erwähnt, mit dem man aber nichts zu tun haben wollte. Der in früheren Zeiten so oft beobachtete dörfliche Gegensatz zwischen Ober- und Niedermenden hat wohl keine Rolle gespielt, denn sowohl zu den Gründungsmitgliedern als auch zum Vorstand gehörten Bewohner der damals noch selbständigen beiden Gemeinden an.

In den folgenden Jahren entwickelte die "St. Sebastianus - Schützenbruderschaft" ein reges Leben. Patronatsfest im Januar und Schützenfest wurden bis zur Auflösung der Bruderschaft im kirchlichen Rahmen mit Gottesdienst und gemeinsamen Kommunionempfang begangen. Die Begleitung des Allerheiligsten bei den Prozessionen am Christi-Himmelfahrts- und Fronleichnamstag gehörte zu den selbstverständlichen Ehrenpflichten. Bereits Anfang 1933, wenige Monate nach der Gründung, trat die Bruderschaft dem 1928 in Köln gegründeten Dachverband der rheinischen und westfälischen Schützenbruderschaften, der "Erzbruderschaft vom Hl. Sebastian" bei. Die Zeitschrift des Dachverbandes "Der Schützenbruder" meldet den Beitritt in seiner Aprilnummer des Jahres 1933. Auch an eine Uniform dachte man bereits, nur fiel den Mitgliedern die Finanzierung sehr schwer. Dabei sind die wirtschaftlichen Gegebenheiten der damaligen Zeit zu berücksichtigen. Es gab in Deutschland sechs Millionen Arbeitslose, deren Unterstützung durch den Staat bei weitem nicht den Umfang wie heute hatte, und die Löhne der Beschäftigten selbst - ein Stundenlohn von 17 bis 23 Pfenning bei schwerem körperlichem Einsatz war durchaus normal - klingen uns Heutigen wie ein Märchen. Auch Menden, dessen Bevölkerung seit der Jahrhundertwende überwiegend aus Industriearbeitern bestand, hatte eine große Zahl von Arbeitslosen. Daher wundert es nicht, dass man sich zunächst mit Hüten mit Federschmuck begnügte, die beim Kaufmann Lichtenberg-Kölgen zum Preis von 5,50 RM gekauft wurden. Den arbeitslosen Mitgliedern zahlte man aus der Vereinskasse einen Zuschuss von 2 RM. Die Beschaffung eines Uniformrockes zum Preis von 37 RM überließ man jedem einzelnen Mitglied, wobei Schneidermeister Laqua, der diese anfertigte, Ratenzahlung gewährte. Immerhin entschlossen sich 17 Mitglieder - das waren fast zwei Drittel der Bruderschaftsangehörigen - zum Kauf des Uniformrockes, so dass bei der Krönung des 1. Schützenkönigs "Friedrich I." (Haas) die Bruderschaft zum größten Teil in Uniform - Schützenrock, schwarze Hose, schwarze Schuhe, Schützenhut - teilnahm.



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