Neubeginn aus alten Wurzeln
Neubeginn aus alten Wurzeln
Nach dem zweiten Weltkrieg mit seinen großen Zerstörungen selbst bis in die kleinsten Gemeinden begann das gesellschaftliche Leben nur zögerlich, aber geistig intensiver. Die materiellen Nöte waren zwar tiefgreifend und ihre Behebung vordringlich, aber die Befreiung von geistigen Fesseln gab neuen Schwung. Bereits ein Jahr nach dem Zusammenbruch genehmigte die damalige Militär-Regierung schon wieder die Bildung von Schützenbruderschaften, wenn auch mit Einschränkungen hinsichtlich des Schießsports. So fanden sich dann im Juni 1946 auf Initiative des früheren Vorsitzenden Fritz Wessel die Schützenbrüder Hildebrandt, Erkens, Wester und Brahm zur Wiederbegründung der - wie es ausdrücklich im Protokoll heißt - "1936 aufgelösten Schützenbruderschaft St. Sebastianus Menden" zusammen. Sie beschlossen, am Fronleichnamsfest das Allerheiligste in voller Uniform zu begleiten. Im August 1946 nahm man an einer Führertagung der Schützenbruderschaften im Kloster Walberg teil, zu der man größtenteils zu Fuß marschierte, da die Verkehrsmittel noch nicht voll funktionierten. Im kommenden Jahr fand dann die erste Jahreshauptversammlung im Lokal der Witwe Haas - Mendener Hof - statt, auf der sich die Schützenbruderschaft durch die Wahl eines Vorstandes wieder satzungsgemäß konstituierte. Es wurden gewählt:
1. Brudermeister: Fritz Wessel
Kassenwart: Stephan Forjas
Schützenmeister: Heinrich Kaspar
Am Fest des Hl. Augustinus, dem Patron der Mendener Pfarrkirche, feierte man das 1. Schützenfest nach dem Kriege, an dem auch die Schützenbruderschaften St. Georg aus Buisdorf und St. Anno aus Siegburg teilnahmen. Das Schießen auf den Königsvogel fand - wie im Mittelalter - mit der Armbrust statt, welche die Schützenbrüder Kaspar und Forjas angefertigt hatten. Erster Schützenkönig nach dem Kriege wurde Josef Keller.
Auf der Mitgliederversammlung am 21. März 1948 verabschiedete man eine neue Satzung. Dem 1. Brudermeister Fritz Wessel wurde in Jean Niessen ein 2. Brudermeister als Stellvertreter beigesellt. Das Amt des Schützenmeisters und 2. Kassierer übernahm Stephan Forjas, da Heinrich Kaspar zum Führer der Jungschützen gewählt worden war. 1. Kassierer wurde Peter Wester.
Höhepunkte in der Geschichte der Schützenbruderschaft waren die Teilnahme an den Feierlichkeiten zur 700. Wiederkehr der Grundsteinlegung des Kölner Doms am 15. August 1948 sowie an der feierlichen Überführung des Servatiusschatzes von der Annokirche in Siegburg in die wiederhergestellte Servatiuskirche am 31. Oktober 1948
Die Geschichte der Bruderschaft zwischen den Jahren 1951 und 1958 liegt weitgehend im Dunkeln, da die entsprechenden Protokolle fehlen. Es scheint zu einer internen Krise gekommen zu sein, die sich im Einzelnen nicht aufklären lässt. Aus einer Festschrift der Bruderschaft geht hervor, dass sie am 31. Juli und 1. August 1954 ihr 300. Jubiläum festlich beging. Inzwischen hatte wohl auch ein Wechsel im Vorstand stattgefunden, denn auf der Jahreshauptversammlung im Januar 1959 wird Johann Lichtenberg als 1.Brudermeister wiedergewählt. Außerdem beschloss man, nach den alten Protokollunterlagen zu forschen und beim Pfarrer als Präses ein Archiv einzurichten. Die ebenfalls ins Auge gefasste Eintragung der Bruderschaft in das Vereinsregister beim Amtsgericht Siegburg konnte erst nach einigen Satzungsänderungen im Jahre 1965 verwirklicht werden. In den folgenden Jahren verzeichnete die Bruderschaft einen stürmischen Aufschwung. Anfang 1962 hatte sie 72 Mitglieder, davon 66 Katholiken und 6 Evangelische, ein Zeichen für den Wandel der Bruderschaft im ökumenischen Geist. Leider lässt sich die Entwicklung der Mitgliederzahlen nicht lückenlos darstellen, da entsprechende Angaben in den Protokollen fehlen. An dieser Stelle soll die Reihe der Vorsitzenden folgen, die seit 1932 als Brudermeister die Geschicke der Bruderschaft lenkten:
1932 – 1936 Fritz Wessel
1936 – 1937 Fritz Haas, sen.
1937 – 1938 Felix Schneider
1946 – 1958 Fritz Wessel
1958 – 1962 Johann Lichtenberg
1962 – 1964 Reiner Hildebrandt
1964 – 1972 Alfons Kidrowski, sen.
1972 – 1973 Heinz Henseler
1973 – 1976 Rudi Eickhoff
1976 – 1980 Walter Hasselberg
1980 - Hans-Alfons Kidrowski, jun.
Bereits 1963 wurde angeregt, auch die Frauen der Schützenbrüder am Schießsport zu beteiligen und eine Damen- Schießmannschaft einzurichten. Das Vorhaben fand offensichtlich zunächst nicht den notwendigen Anklang, zumal auch der Zentralverband der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften ein Schiessen der Frauen grundsätzlich nicht erlaubte. Dennoch beschloss der Vorstand im August 1967, alljährlich ein- bis zweimal ein Schießen der Frauen mit Luftgewehr durchzuführen. Beim Herbstabschlussschiessen 1974 wurde dann zum ersten Mal ein Pokal der Frauen ausgeschossen, den Ulla Baranek, die Gattin des amtierenden Schützenkönigs errang. Im folgenden Jahr wurde dann die Damenschießgruppe endgültig eingerichtet; die Gleichberechtigung hatte sich in dieser, ursprünglich den Männern vorbehaltenen Sportart durchgesetzt. Seit 1976 beteiligen sich die Damen auch am Königsschießen und im Jubiläumsjahr 1982 stellten sie mit Petra Schollmeier erstmals in der Geschichte der Bruderschaft den Schützenkönig, nachdem sie bereits 1978 die Prinzenwürde erlangt hatte.